Unfallflucht - unerlaubtes Entfernen vom Unfallort, § 142 StGB

Unfallflucht, § 142 StGB

Was man als Beschuldigter unbedingt berücksichtigen muss:

Der Tatvorwurf Unfallflucht wird in der Praxis von den meisten Beschuldigten völlig falsch eingeschätzt. Schon eine leichte Berührung genügt, und man sieht sich – sofern man sich vom Unfallort entfernt hat, ohne die Polizei zu informieren – dem Tatvorwurf der Unfallflucht ausgesetzt.

Polizei und Staatsanwaltschaft verstehen in diesem Zusammenhang auch keinen Spaß, schließlich geht es der Ermittlungsbehörde um den Schutz von fremden Eigentum. Der Staat ist der Ansicht, dass man es gerade nicht dem Bürger überlassen darf, eine vermeintliche Schadenregulierung alleine zu besorgen. Schutzwürdige Interessen Dritten genießen hier absolute Priorität.

Rechtsfolgen

Strafe für Fahrerflucht, bzw. Unfallflucht

Wer sich unerlaubt vom Unfallort entfernt, muss mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder mit einer Geldstrafe rechnen, § 142 StGB.

Weitere Rechtsfolgen:

   neben der Strafe kann ein Fahrverbot bis zu drei Monaten verhängt werden

   soweit ein hoher Fremdschaden vorliegt, wird die Fahrerlaubnis entzogen und kann erst nach frühestens 6 Monaten neu beantragt werden

   in das Fahreignungsregister (FAER, früher VZR) beim Kraftfahrtbundesamt in Flensburg werden drei Punkte eingetragen

   die eigene Kfz-Haftpflichtversicherung nimmt bei einer Verurteilung wegen Unfallflucht wegen des Fremdschadens Regress

   der eigene Schaden wird von der Vollkasoversicherung nicht reguliert

Bei einer Vorladung als Beschuldigter (Unfallflucht, unerlaubtes Entfernen vom Unfallort, § 142 StGB)

Gegenüber der Polizei

Grundsätzlich gilt: Schweigen Sie zum Tatvorwurf

Wenn Sie eine Vorladung von der Polizei zu einem persönlichen Termin bekommen haben, oder aber sich schriftlich zum Tatvorwurf äussern sollen, besprechen Sie sich zunächst mit einem Fachanwalt für Strafrecht!

Voreilige Aüsserungen können Ihre Ausgangslage verschlechtern, auch wenn Sie als Betroffener meinen, dass Sie unschuldig sind.

Sie erreichen uns unter der Telefonnummer 030 – 526 70 93 0

Unfallflucht - Hilfe durch einen Fachanwalt für Strafrecht

Das Wichtigste im Überblick

Der Tatbestand der Unfallflucht ist recht kompliziert. Als Betroffener muss man einiges beachten. Verschaffen Sie sich zunächst einen Überblick über das Gesetz.

Rechtsanwalt berät Mandanten

Polizei, Staatsanwaltschaft und Gericht diskutieren in der Regel nachfolgende Punkte:

Unfall

Wann liegt ein Unfall vor?

Unfallbeteiligter

Wann bin ich Beteiligter?

Maßnahmen am Unfallort

Was muss ich vor Ort tun?

Entfernen vom Unfallort

Was bedeutet Entfernen?

Wartezeit

Wartezeit von 15 Minuten, und dann?

Der Tatbestand der Unfallflucht im Überblick

§ 142 StGB
Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort

(1) Ein Unfallbeteiligter, der sich nach einem Unfall im Straßenverkehr vom Unfallort entfernt, bevor er

1.  zugunsten der anderen Unfallbeteiligten und der Geschädigten die Feststellung seiner Person, seines Fahrzeugs und der Art seiner Beteiligung durch seine Anwesenheit und durch die Angabe, daß er an dem Unfall beteiligt ist, ermöglicht hat oder

2. eine nach den Umständen angemessene Zeit gewartet hat, ohne daß jemand bereit war, die Feststellungen zu treffen,

wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Nach Absatz 1 wird auch ein Unfallbeteiligter bestraft, der sich

1. nach Ablauf der Wartefrist (Absatz 1 Nr. 2) oder

2.  berechtigt oder entschuldigt

vom Unfallort entfernt hat und die Feststellungen nicht unverzüglich nachträglich ermöglicht.

(3) Der Verpflichtung, die Feststellungen nachträglich zu ermöglichen, genügt der Unfallbeteiligte, wenn er den Berechtigten (Absatz 1 Nr. 1) oder einer nahe gelegenen Polizeidienststelle mitteilt, daß er an dem Unfall beteiligt gewesen ist, und wenn er seine Anschrift, seinen Aufenthalt sowie das Kennzeichen und den Standort seines Fahrzeugs angibt und dieses zu unverzüglichen Feststellungen für eine ihm zumutbare Zeit zur Verfügung hält. Dies gilt nicht, wenn er durch sein Verhalten die Feststellungen absichtlich vereitelt.

(4) Das Gericht mildert in den Fällen der Absätze 1 und 2 die Strafe (§ 49 Abs. 1) oder kann von Strafe nach diesen Vorschriften absehen, wenn der Unfallbeteiligte innerhalb von vierundzwanzig Stunden nach einem Unfall außerhalb des fließenden Verkehrs, der ausschließlich nicht bedeutenden Sachschaden zur Folge hat, freiwillig die Feststellungen nachträglich ermöglicht (Absatz 3).

(5) Unfallbeteiligter ist jeder, dessen Verhalten nach den Umständen zur Verursachung des Unfalls beigetragen haben kann.

Die Unfallflucht im Detail

Unfall

Wann liegt ein Unfall vor?

Ein Unfall im Sinne des § 142 StGB ist ein plötzliches Ereignis im Straßenverkehr, das unmittelbar mit dessen einhergehenden typischen Gefahren in Zusammenhang steht und einen nicht ganz belanglosen Personen- oder Sachschaden zur Folge hat.

Der Zusammenstoß zweier Fahrzeuge im fließenden Verkehr, das Anstoßen eines parkenden Autos oder aber auch das Anfahren von Verkehrsschildern oder Leitplanken fallen unter dieser Definition.

Der Tatbestand des § 142 StGB beschränkt sich aber nicht nur auf Kraftfahrzeuge. So können sich auch Fahrradfahrer oder Fußgänger der Unfallflucht strafbar machen.

Ein Unfall im Sinne des § 142 StGB muss im Straßenverkehr erfolgt sein. Damit sind nicht nur die öffentlichen Straßen gemeint, sondern auch (private) Parkplätze oder sonstige Plätze, die allgemein öffentlich zugänglich sind. Der Klassiker hier: selbst der Supermarktparkplatz nach Geschäftsschluss gehört  zum Straßenverkehr, so lange der Platz ohne Hindernisse öffentlich betreten werden kann.

Als Korrektiv darf ferner kein ganz belangloser Schaden entstanden sein.

Wann ein Sachschaden dagegen belanglos ist, ist schwer festzulegen. Die Gerichte gehen häufig lediglich von einer Wertgrenze von 25 Euro aus, vereinzelt wird auch noch ein Schaden von unter 50 Euro als belanglos angesehen. Grundsätzlich sollte der Schaden aber eher zu hoch als zu niedrig geschätzt werden. Vor allem bei „Parkremplern“ kann der Schaden häufig höher liegen als es auf dem ersten Blick den Anschein hat, denn bereits bei kleinen Berührungen oder Lackschäden könnte der Austausch der gesamten Stoßstange oder Seitenspiegel notwendig sein. Im Zweifel sollte daher die Feststellung der Personalien ermöglicht werden.

Unfallbeteiligter

Wann bin ich Beteiligter?

Das Gesetz definiert in § 142 Abs. 5 StGB, wann eine Person Unfallbeteiligter ist.

Demnach ist jeder Unfallbeteiligter, dessen Verhalten nach den Umständen zur Verursachung des Unfalls beigetragen haben kann. Dabei zielt das Gesetz ausdrücklich auf die Möglichkeit der Verursachung ab. Es kommt daher nicht darauf an, ob die Person tatsächlich den Unfall verursacht hat, sondern ausschließlich darauf, dass die Person möglicherweise den Unfall verursacht haben könnte. Dies bedeutet folglich auch, dass alle potentiellen Unfallverursacher am Unfallort bleiben müssen, sofern der Unfallverursacher nicht eindeutig klar ist.

Was gilt für den Beifahrer? In der Regel ist dieser nicht als Unfallbeteiligter zu klassifizieren. Erst wenn der Mitfahrer in das Lenkrad gegriffen oder auf sonstige Weise den Fahrer verkehrswidrig abgelenkt hat, kommt eine Unfallbeteiligung in Frage.

Maßnahmen am Unfallort

Was muss ich vor Ort tun?

Gemäß § 142 Abs. 1 StGB darf sich ein Unfallbeteiligter erst dann vom Unfallort entfernen, wenn er entweder die Feststellung seiner Person, seines Fahrzeugs und der Art seiner Beteiligung ermöglicht oder aber wenn er eine angemessene Zeit gewartet hat.

Sind feststellungsbereite Personen anwesend, ist § 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB einschlägig. Dem Unfallbeteiligten trifft eine Anwesenheits- und Vorstellungspflicht. Er muss somit gegenüber dem Unfallgegner seine Unfallbeteiligen offenlegen. Das heißt, der Unfallbeteiligte muss seinen Namen und Kontaktmöglichkeiten angeben. Dabei reicht es jedoch nicht aus, wenn lediglich ein Zettel hinterlassen wird. Die Feststellung der Person muss ferner von einer feststellungsbereiten Person getroffen werden können. Problematisch ist diesbezüglich, in wieweit ein Unfallbeteiligter eine darüber hinausgehende Mitwirkungspflicht hat, so zum Beispiel über die Art und Umfang der Unfallbeteiligung.

In der Regel für ausreichend erachtet, dass lediglich die Personalien mitgeteilt werden. Darauf sollte sich im Zweifel auch beschränkt werden, da ein mögliches Schuldeingeständnis später nur schwer aus der Welt zu schaffen ist und sich Unfälle im Nachhinein oft noch ganz anders darstellen, als es den ersten Anschein hat.

Befindet sich keine feststellungsbereite Person in der Nähe, trifft dem Unfallbeteiligten eine angemessene Wartepflicht nach § 142 Abs. 1 Nr. 2 StGB. Die Dauer der Wartepflicht hängt vom Einzelfall ab. Kriterien sind unter anderen Art und Schwere des Unfalls, Verkehrsaufkommen, Uhrzeit, Witterungsverhältnisse und der Zeitpunkt, wann mit dem Eintreffen einer feststellungsbereiten Person gerechnet werden kann. Eine verbindliche Zeitangabe kann und soll hier pauschal nicht getroffen werden. Während bei Bagatellen eine Wartezeit von 15 Minuten ausreichen kann, ist bei größeren Sach- und vor allem Personenschäden teilweise eine Wartezeit von mehreren Stunden angemessen.

Entfernen vom Unfallort

Was bedeutet Entfernen?

Unter „Entfernen“ vom Unfallort versteht das Gesetz eine willensgetragene Ortsveränderung. An einer Willensgetragenheit fehlt es, wenn zum Beispiel ein Schwerverletzter vom Krankenwagen abtransportiert wird. Verlässt ein Unfallbeteiligter nur kurzfristig den räumlichen Bereich, um zum Beispiel seinen Wagen in kurzer Entfernung zu Parken, einen Verletzten zu versorgen oder von einer nahen Telefonzelle die Polizei zu verständigen, macht er sich nur dann nach § 142 StGB strafbar, wenn er sich anschließend entschließt, nicht mehr zurückzukehren.

Wartezeit

Wartezeit von 15 Minuten, und dann?

Wurde die Wartepflicht eingehalten, schreibt § 142 Abs. 2 StGB das weitere Vorgehen vor. Demnach müssen die Feststellungen unverzüglich nachträglich ermöglicht werden. Es darf keine vorwerfbare Verzögerung der Nachholpflicht eintreten. Der § 142 Abs. 3 StGB nennt zwei Möglichkeiten der Nachholung:

In der Praxis immer wieder die relevanteste Verprlichtung: Das Informieren einer nahe gelegenen Polizeidienststelle. Generell kann aber auch erneut versucht werden, den Geschädigten direkt zu informieren. Diese  Beispiele jedoch nur als Minimalvoraussetzungen zu verstehen. So können auch andere Vorgehensweisen die Voraussetzungen erfüllen, zum Beispiel das erneute Zurückkehren am Unfallort, um sich dort gegenüber Polizisten oder dem Geschädigten zu erkennen zu geben.

Kanzlei für Strafrecht

Vereinigung Berliner Strafverteidiger e. V.

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